Erlebnisse einer Jungjägerin

Seit Februar 2022 darf ich mich Jungjägerin nennen. Was als Vorstellung von Jagd vor 10 Jahren durch meine damaligen Vermieter und Freunde meiner Eltern begann, hat im Sommer 2021 dann so richtig  Fahrt aufgenommen, nachdem ich mich entschieden hatte, den Jagdschein zu machen.
Aber als junger Mensch, der aus keinem familiären Umfeld kommt, das die Jagd ausübt, fällt es oft schwer Anschluss zu finden und sich dann nach der Jägerprüfung praxisnahes Wissen anzueignen. Umso schöner war es für mich, dass ich ein Jagdwochenende in der Jagdschule am Fleesensee an der Mecklenburgischen Seenplatte erleben durfte. Umgeben von Natur, jeder Menge Wild, geballtem Wissenserwerb und absoluter Ruhe. Aber von vorn…

5. August 2022 – der erste Ansitz

Angekommen am 5. August an der Jagdschule, ging es zunächst auf den Schießstand. Ich wollte meine neugekaufte Waffe doch gerne einmal selbst Probeschießen, mich mit dem Rückstoß und der Technik vertraut machen, bevor es damit ins Revier auf Jagd geht. Das lief besser als erwartet, sowohl im Sitzen als auch im Stehen, saßen alle Treffer auf der Scheibe im Bereich 9 oder 10.

Am Abend dann der erste Ansitz mit Ausbilder Thomas. Mein Jagdziel war der Abschuss eines Bockes. Was wir an dem Abend beobachten durften, war dann aber viel mehr wert als ein potentieller Abschuss. Eine Ricke mit ihren zwei Kitzen streifte nah an unserem Ansitzbock vorbei, auf dem wir Stellung bezogen hatten. Wir konnten ein Rottier mit seinem Kalb am Waldrand beobachten und zwei rivalisierende Böcke, die um die Vorherrschaft im Revier buhlten. Und natürlich jede Menge Raubwild in Form von Dachs und Fuchs, sowie Nutrias und auch Hasen auf dem Weg zurück zum Auto. Obgleich an diesem Abend kein passender Bock dabei war, war es für mich ein überaus lehrreiches Erlebnis – die gelernte Theorie endlich so praxisnah zu erleben und das Wild an diesem Abend zu beobachten. So viel Anblick zu haben, gleichzeitig auch das sichere Ansprechen zu üben und jemanden an meiner Seite zu haben, der mir meine gefühlt tausend Fragen zielgerichtet beantworten konnte, war diesen Ansitz mehr als wert. Zumal der Augustabend besonders lau und angenehm für einen Sommeransitz war. Beseelt ging es dann aber erstmal wieder zur Jagdschule zurück – mein Jagdwochenende hatte ja gerade erst begonnen.

6. August 2022 – die erste Pirsch

Nach gemeinsamen Revierarbeiten im Jagdschulrevier am Vormittag (das gehört natürlich auch zum Waidwerken), stand mein erster Pirschgang mit Thomas auf dem Programm. Mit dem Auto ging es erstmal gemeinsam durch das Jagdschulrevier. Fährtenlesen und nach Schweinen am Mais Ausschau halten. Durch Thomas geschultes Auge fielen mir im Gespräch Dinge auf, auf die ich so als Jungjägerin wahrscheinlich gar nicht wirklich geachtet hätte, die aber für einen Jagderfolg auschlaggebend sein können. Nachdem wir meine Jagdfreundin Henriette an einer Schneise zu einer Kanzel rausließen, ging es für Thomas und mich weiter Richtung Weizenstoppel mit Strohrundballen. Wie aus dem Nichts tauchte er auf 115m vor uns auf, ein Bock – sogar ein Sechser. Thomas gab mir die Anweisung, meine Waffe auf einen Rundballen aufzulegen, mein Zielfernrohr richtig einzustellen und den Bock zunächst aufmerksam zu beobachten. Plötzlich kam die Ansage: Wenn du bereit bist, kannst du ihn strecken. Und dann ging alles ganz schnell, wobei mir persönlich die Zeit wie Stunden vorkam. Ist das der richtige Punkt, den ich treffen will? Bin ich bereit den Schuss anzutragen? Haben wir richtig angesprochen? Tausend Dinge, die einem in diesem Moment, während man seine Optik einstellt, durch den Kopf gehen und dann? Absolute Stille, bis der Schuss brach. Mein erster Gedanke nach dem Schuss: Habe ich getroffen, habe ich ihn krankgeschossen, bitte nicht. Ich begann zu zittern. Also erstmal tief durchatmen – das Repetieren der Waffe klappte nicht auf Anhieb – im Anschlag bleiben und den Bock bei der Flucht beobachten. Plötzlich war er außer Sicht. Einige Minuten später liefen wir zur Waldkante vor, um den Anschuss zu suchen. Was wir fanden, war eine Schweißfährte hinab ins trockene Flussbett. Und da lag er dann auf der Seite. Regungslos, aber immer noch warm. Ehrlicherweise machte sich bei mir Erleichterung breit und im weiteren Moment auch Stolz. Denn der Schuss saß wirklich gut auf dem Blatt. Natürlich ein Bild zur Erinnerung gemacht und das Stück Wild den Abhang hochgetragen, um es zu verladen. Aufgebrochen wurde in der Jagdschule in der Wildkammer. Ganz in Ruhe nahm Thomas sich Zeit, alles nochmal mit mir Revue passieren zu lassen, während ich mit seiner Hilfe mein absolut erstes selbsterlegtes Stück Wild aufbrechen durfte. Nach der Schussanalyse hieß es natürlich auch nochmal: alle Organe auf bedenkliche Merkmale checken. Am Ende war ich überglücklich. Überglücklich, dass alles so gepasst hat und mein erstes Stück Wild natürlich auch für den Verzehr taugt.

Mein erstes Stück Wild…

Für mich war das Strecken meines ersten Stückes Wild ein unvergesslicher Moment, an den ich immer wieder freudig zurückdenke. An die Aufregung, zeitgleich aber auch an die anfängliche Angst des eventuellen Versagens, aber allem voran an die Freude über das jagdliche Geschick und den Stolz, dass ich mich jetzt auch wirklich als Jungjägerin sehe. Für mich hat es sich definitiv gelohnt, beim ersten Waidwerken einen erfahrenen Jäger & Ausbilder an der Seite zu haben, der mich Schritt für Schritt begleitet und all meine Fragen, die mir in den Kopf schossen, beantwortet. Das kann ich jedem Jungjäger nur empfehlen. Denn die Begleitung durch einen erfahrenen Jäger gibt beim Strecken des ersten Stückes Sicherheit und Selbstvertrauen.

In diesem Sinne ein kräftiges Waidmannsheil und Tausend Dank der Jagdschule Fleesensee für diese unvergessliche Zeit.

Eure Beatrix

 

Jungjägergeschichte – Mein erstes Stück Wild
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